
Einführung Minusrechnen
Minusrechnen für Erstklässler: Schritt für Schritt zum Verständnis
Minusrechnen in der 1. Klasse? Klingt erstmal einfach – ist aber in der Praxis oft ganz schön knifflig. Viele Kinder kennen Plusrechnungen schon aus dem Alltag, zählen an den Fingern oder im Kopf. Aber Minus?
Das ist ein komplett neues Konzept – und will verstanden, nicht nur auswendig gelernt werden.
Minus heisst: Es geht etwas weg – wirklich weg
Am Anfang steht das Begreifen – im wahrsten Sinn. Denn Minusrechnen ist nicht abstrakt. Es ist konkret. Greifbar. Und das sollte es auch im Unterricht sein.
Wichtig: Minus bedeutet nicht „verschieben“, sondern verschwinden.
Wenn Kinder Gegenstände nur zur Seite legen, bleiben sie sichtbar. Und viele Kinder denken dann: „Die kommen ja wieder zurück.“ Genau deshalb arbeite ich bei der Einführung des Minusrechnens am liebsten mit essbaren Materialien – die wirklich verschwinden. Zum Beispiel:
Fruchtgummis
Trauben
Apfelstücke
Popcorn
Smarties
Meine beiden Klassentiere Coco und Gorillino helfen mit – und dürfen mitessen. Wenn Gorillino zwei Fruchtgummis frisst, dann sind die wirklich weg. Und die Kinder lieben es!
Von der Rechenhandlung zur Zahlvorstellung: Warum das kein Selbstläufer ist
Viele Kinder können handeln – aber rechnen heisst mehr. Hier ist der Unterschied:
Rechenhandlung | Zahlvorstellung |
---|---|
Ich sehe 4 Äpfel, nehme 2 weg, zähle nach: noch 2 da. | Ich weiss: 4 − 2 = 2 – auch ohne die Äpfel vor mir zu sehen. |
→ Die Handlung ist der Einstieg.
→ Die Zahlvorstellung ist das Ziel.
Der Weg dazwischen? Besteht aus vielen Wiederholungen, konkreten Erfahrungen und alltagsnahen Beispielen.
Minusrechnen mit Geschichten – so wird’s lebendig
Sobald die Kinder verstanden haben, dass beim Minus etwas weggeht, kannst du das Rechnen mit Geschichten verknüpfen. Ich nutze dafür gerne kleine Holzbananen und meine Klassentiere.
Beispiel:
„Coco und Gorillino haben 4 Bananen gesammelt. Aber Gorillino ist frech und schmeisst 2 in den See. Wie viele bleiben übrig?“
Die Kinder übernehmen die Rollen, spielen die Szene nach – und schwupps, verstehen sie: Minus bedeutet Wegnahme.
Tipp: Verwende bekannte Figuren oder Gegenstände, die deine Klasse liebt. So wird Mathematik emotional verankert.
Übungsformen: Abwechslung bringt’s!
Nach der Einführung kommt das Festigen. Und auch hier gilt: lieber konkret, visuell und spielerisch – als trocken und eintönig.
1. Rechenbilder-Geschichten
Die Kinder malen eigene Minusgeschichten. Zum Beispiel: 5 Vögel auf dem Baum, 2 fliegen weg.
2. Mini-Karteien
Kurze Aufgaben mit Handlungsimpulsen. Ideal für Freiarbeit oder Stationen.
3. Spiele
Minus-Memory, Minus-Domino, Zahlenspaziergänge mit Aufgaben – alles, was in Bewegung bringt.
4. Arbeitsblätter
Gezielt eingesetzt zur Festigung – aber bitte differenziert! Gerade beim Minusrechnen super wichtig, dass die Kinder in ihrem Tempo verstehen und lernen können.
Differenzierung – ganz ohne Zusatzaufwand
Kinder lernen in ganz unterschiedlichem Tempo. Manche lösen schon Minusaufgaben im Kopf, andere brauchen konkrete Unterstützung.
Hier ein paar einfache Ideen zur Differenzierung:
Kind A | arbeitet mit Material (z. B. Plättchen, Bilder) |
---|---|
Kind B | rechnet mit Zahlstrahl oder Fingerbild |
Kind C | schreibt Rechengeschichten selbst |
Kind D | erklärt einerm Kind eine Aufgabe |
So fühlen sich alle gesehen – und du behältst den Überblick.
Warum dein Einstieg entscheidet, ob die Kinder Minus verstehen
Die Einführung des Minusrechnens ist mehr als eine Rechenoperation. Sie ist ein Denkprozess. Und je klarer und konkreter dein Einstieg, desto grösser der Lernerfolg.
Vermeide abstrakte Rechenzeichen zu Beginn – starte mit Sprache:
„Gorillino isst 2 auf.“
„Jetzt sind nur noch 3 da.“
„Wie viele hat er gegessen?“
Dann erst: 5 − 2 = 3
So entsteht Verstehen.
Häufige Fragen – meine Antworten
Was, wenn Kinder nach dem Wegnehmen die Gegenstände wieder „zurücklegen“ wollen?
→ Dann war der Einstieg noch nicht konkret genug. Nutze Nahrungsmittel oder Geschichten mit klarer Trennung. Erst wenn das verankert ist, dürfen Wendeplättchen oder Bananen wieder kommen.
Wie lange soll ich im handelnden Bereich bleiben?
→ So lange, wie es nötig ist – und so kurz wie möglich. Ziel ist immer die Zahlvorstellung. Aber beim Minusrechnen rate ich wirklich den handelnden Prozess wirklich lange genug zu machen.
Was tun, wenn Kinder Minus und Plus verwechseln?
→ Setze gezielt auf Kontraste: „Heute rechnen wir rückwärts.“ Nutze Sprachbilder wie „etwas geht weg“, „jemand nimmt etwas“, „es bleibt weniger übrig“.
Bonus-Tipp: Kombiniere mit offenen Aufgaben
Offene Aufgaben wie:
„Erfinde eine Geschichte mit 6 Sachen – aber am Schluss sollen nur noch 1–3 da sein.“
„Welche Aufgaben passen zu dem Bild?“
… helfen nicht nur beim verständnisorientierten Üben, sondern fördern auch Sprache, Kreativität und Differenzierung.
Fazit: Minusrechnen darf leicht sein – wenn du es klug einführst
Minus ist nicht Minus. Es ist Wegnehmen, Verlieren, Reduzieren – und das darf handelnd, spielerisch und visuell vermittelt werden.
Mit kleinen Schritten, klaren Geschichten und durchdachten Wiederholungen schaffst du einen patschifigen Einstieg, der trägt.
Und das Beste: Du kannst das alles differenziert und ohne Druck umsetzen – mit einer Portion Freude und Leichtigkeit.
Nimms patschifig – und bring deinen Kindern das Minusrechnen so bei, dass es Spass macht. Denn mit Spass lernt man einfach leichter ;-)
Deine Flavia
Kommentare
Herzliche Gratulation zum ersten Blog Post 🎉